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Diese beiden Begriffe werden sehr häufig im selben Kontext verwendet. Dahinter verbergen sich aber zwei ganz unterschiedliche Verarbeitungsprozesse. Gefühle haben etwas sehr unmittelbares. Im besten Fall werden sie direkt ausgedrückt und sind dann schon wieder verflogen. Man ärgert sich zum Beispiel über einen Kollegen, geht hin, drückt den Ärger aus und kann das Gefühl wieder ziehen lassen.

Gefühle sind vielmehr eine Art Sinn, der wie ein Kompass auch ein Hinweis für eine Richtung sein kann, die es einzuschlagen gilt. Oder eben auch lieber nicht. Gefühle können, wenn man sie pur erlebt und deutet, Klarheit geben.

In der chinesischen Medizin schreibt man den Gefühlen sehr spezielle Qi-Bewegungen zu, die den normalen Qi-Fluß sehr beeinträchtigen können. So zerstreut ein ordentlicher Wutanfall das Qi und man fühlt sich zunächst entspannter, dann aber auch schwächer als zuvor. Trauer schwächt die Lunge und erschwert die Atmung, eine tonnenschwere Last liegt auf dem Brustkorb. Angst schwächt die Niere und die Energierichtung geht nach unten. Das Herz plumpst in die Hose sozusagen. Auch etwas schönes, wie Freude, kann im Übermaß das Herz schädigen und für zuviel Reibung und Hitze sorgen.

All das ist aber üblicherweise kein Problem. Wie ein Baum, der im Sturm ordentlich geschüttelt wird und bei Wetterberuhigung seine Balance wiederfindet, ist es auch mit den Gefühlen und den Qi-Bewegungen. Der Organismus wird bei Beruhigung schnell in seine Mitte zurückfinden. Doch was passiert, wenn man an seinen Gefühlen festhält?

Genau jetzt kommen die Emotionen ins Spiel. Entsteht aus dem Gefühl eine Geschichte, die man sich immer wieder erzählt, läuft jedesmal eine ganze Kaskade an Gefühlen ab, mit all den biochemischen Prozessen und das ursprüngliche Gefühl ist zu einer Emotion geworden. Energy in motion. Die Emotion gibt es nur auf Grundlage einer Geschichte, die man sich immer wieder aufs neue erzählt im Hier und Jetzt und die sehr oft schon sehr alt ist. Das Gefühl von damals wird konserviert im Jetzt. Wenn man also nicht zu dem Kollegen gegangen ist, über den man sich geärgert hat und sich noch jahrelang erzählt, wie schrecklich er war, wird aber immer wieder dieselbe Wut produziert. Und diese Wut zerstreut das Qi jedes Mal wieder genauso wie beim ersten Erleben. Aber jetzt auf einer fiktiven Grundlage.

Im schlechtesten Fall bleibt man in alten Emotionen hängen und hat das zugehörige Gefühl als Grundrauschen. Eine Dauerwut, oder Groll oder Verlust. Man kann die alte Geschichte einfach nicht loslassen.

Bleibt das Qi dort dann stecken, führt auch das irgendwann zu Blockaden und zumindest Unwohlsein. Das spielt sich dann auf ganz unterschiedlichen Ebenen ab. Es kann sich körperlich oder psychisch zeigen. Zudem erzeugt die gefangene Energie immer wieder Situationen, die den Zustand bestätigen. Das tut Energie einfach, ohne böse Absichten.

Ohne Gefühle macht das Leben sehr viel weniger Spaß. Sie sind die Würze. Aber sie sollten kommen und gehen dürfen. Nicht um jedes Gefühl sollte sich sofort eine Geschichte ranken, die das ganze dann als Emotion einschließt. Übrigens auch nicht die schönen. Auch die schönen Geschichten sind flüchtig. Und am Ende reiht sich ein wunderschönes Gefühl an das andere und die Geschichte wird völlig nebensächlich.