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Herrje, um das Thema Ernährung schleiche ich wirklich schon eine Weile herum. Es ist ein wichtiger Bestandteil der Medizin und gerade auch der chinesischen Medizin, deshalb gehört es unbedingt hierhin. Aber ja, ich tue mich schwer, weil mir das Thema häufig zu dogmatisch erscheint, auch in der chinesischen Ernährungslehre. Also werde ich mich annähern und heute erstmal ein paar meiner ganz grundsätzlichen Gedanken niederschreiben.

Ernährung hat schon fast religiöse Züge angenommen. Jeden Tag wird, um in der Tiersprache zu bleiben, eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Paleo, vegetarisch mit Fisch ohne Fisch, vegan mit Ei ohne Ei, Low carb, Keto, makrobiotisch, Fasten, Intervallfasten etc. etc.

Es ist Zeit, an dieser Stelle mal zu überlegen, was will Ernährung eigentlich? Zunächst einmal sollen aus der Nahrung über diverse Stoffwechselprozesse Energie und Vitalstoffe hergestellt werden, die der Körper in Dinge wie Blut, Botenstoffe, Zellbestandteile, Muskelbewegung und nicht zuletzt in Denkleistung übersetzen kann. Das Gehirn ist ein sehr großer Konsument der zugeführten Energie. Idealerweise werden die Nahrungsbestandteile komplett verstoffwechselt und Überflüssiges über den Darm vollständig ausgeschieden. Es bleiben keine Stoffwechselprodukte übrig, die irgendwohin ausgelagert werden müssen und zu sauer oder basisch sind und für Entzündungen sorgen. Und es entstehen keine allergischen oder entzündlichen Reaktionen, die etwa die Darmwand durchlässig machen. Und man sollte sich um all das keine Gedanken machen müssen.

Übersetze ich das in die Terminologie der chinesischen Medizin, so wird aus Nahrung Qi hergestellt. Dreh- und Angelpunkt sind hierbei die Meridiansysteme Milz und Magen, die sogenannte Mitte. Und man wird dafür sorgen, dass die Mitte rund läuft und keine Feuchtigkeit und Schleim übrig bleiben, die dann wiederum für Blockaden im Energiefluss sorgen. Wie man zum Beispiel die Mitte stärken kann, darauf komme ich dann sicher in weiteren Einträgen zurück, wenn ich mich genug angenähert habe.

Grundsätzlich ist es völlig egal, mit welcher Ernährungsform man diesen Zustand erreicht. Hauptsache die Nahrungsbestandteile werden vollständig und zu ausreichend Energie verbrannt und es bleiben keine Stoffwechselendprodukte übrig, die ausgelagert werden müssen, um Schlimmeres zu vermeiden.

Ist Nahrung knapp wird all das zu einem Luxusproblem und man wird ohnehin auf das zurückgreifen, was gerade verfügbar ist. Ist das Nahrungsangebot und die Vielfalt sehr groß, wird es schon schwieriger.

Mein Ansinnen ist es, zu vermitteln, dass der Körper eigentlich auch hier einen inneren Kompass hat, der uns genau sagen kann, was wann richtig für ihn ist. Ich habe bewußt eigentlich geschrieben, weil dieser Kompass meistens verstellt ist. Denn Nahrung bekommt dann, wenn sie in ausreichender Menge vorhanden ist, eine emotionale Komponente. Wir verbinden mit bestimmten Nahrungsmitteln zum Beispiel Geborgenheit oder Zuwendung. Die Entscheidung ein Nahrungsmittel zu konsumieren ist dann schnell emotional gesteuert und weniger bedarfsorientiert. Zusätzlich können Stoffe spezifische Gehirnzentren aktivieren, zum Beispiel Zucker das Belohnungszentrum und dann bekommt das Ganze einen suchterzeugenden Charakter.

Deshalb ist meine Strategie, erstmal wieder einen Kontakt zu den echten Bedürfnissen des Körpers herzustellen. Herauszufinden, wo Essen eine emotionale Komponente hat und das zu entwirren. Das ist wichtiger als strikte Ernährungskonzepte, so erlebe ich es zumindest in meiner Arbeit.

Ein anderer Punkt ist, dass Nahrung immer und überall verfügbar ist und die meisten Menschen zu viel essen. Der Körper hat dann nicht genug Zeit, sich vollständig zu reinigen. Es bleiben Rückstände übrig, die sich anhäufen, wie in einem Faß. Das geht eine Weile gut, aber irgendwann läuft es über. In China und Japan gab es eine goldene Regal, sich niemals mehr als maximal siebzig Prozent satt zu essen, um eine Nahrungsstagnation zu vermeiden. Da ist etwas dran und genau hier hat das momentan sehr populäre Intervallfasten seine Berechtigung. Es kann sehr sinnvoll sein, dem Körper gelegentlich eine vierzehn- bis sechzehnstündige Pause zu gönnen. So können Zellreparaturprozesse in Gang gesetzt werden und es ist sehr gut mal wieder ein richtiges Hungergefühl zu entwickeln und es vor allem auszuhalten. Denn mit Hunger wird man dünnhäutiger und Emotionen werden stärker empfunden und schlechter bewältigt. Auch ein Grund für viele Menschen, zu viel zu essen, nämlich, um sich ein bißchen zu betäuben.

Ich selbst habe gefühlt alles schon einmal ausprobiert, nur um immer wieder bei einer wohligen eher mediterranen Mischkost zu landen. Makrobiotisch, Konstitutions-typisch, ayurvedisch, vegetarisch, vegan, Rohkost-vegan, low carb high fat, um nur einiges zu nennen. Das letzte Experiment- Keto, sehr wenig Kohlenhydrate und sehr viel Fett- ging komplett in die Hose. Ich war plötzlich sogar muskulär ganz schwach und mir war dauernd schlecht. Dann habe ich einen Stoffwechseltyptest gemacht und heraus kam, was ich instinktiv auch vorher schon wußte, dass ich nämlich ein Kohlenhydrat bzw. Mischtyp bin. Das hatte mir mein innerer schlauer Kompass schon die ganze Zeit gesagt. Und da höre ich jetzt wieder genau hin, egal was die Wissenschaft eloquentes und nachvollziehbares von sich gibt. Ich esse auch wieder in Maßen Fleisch, denn das wollten meine Zellen unbedingt nach einem heftigen grippalen Infekt vor einigen Jahren und ich bin dabei geblieben.

Das ist mein erstes kleines Fazit in Sachen Ernährung: Erstmal wieder einen guten Kontakt nach innen herstellen. Sich sehr beherzt den eigenen Belohnungsmechanismen stellen. Vielleicht auch mal über einige Zeit notieren, was gut tut und was eben nicht. Und klar kann man sich auch auf Unverträglichkeiten testen lassen. Der Spaß hört allerdings auf, wenn nur noch drei Nahrungsmittel übrig bleiben. Denn zu allererst soll Essen auch Freude bereiten.

So, am Ende meiner ersten Annäherung noch einige Dinge, die sich für mich aufgrund all meiner Selbstversuche tatsächlich bewährt haben:

Bitte verzichten Sie weitgehend auf:

  • Zucker, vor allem weißen Haushaltszucker
  • künstliche Süßstoffe
  • Weißmehl und alle daraus hergestellten Produkte
  • Milchprodukte, vor allem Käse (Ziege und Schaf in Maßen gehen) und vor allem, wenn Sie Allergien wie Heuschnupfen haben
  • stark verarbeitete und nitrierte Lebensmittel wie Wurstwaren
  • Fertigprodukte
  • Geschmacksverstärker, wie Glutamat und Hefeextrakt
  • Alkohol (in Maßen erlaubt)

Greifen Sie zu bei:

  • den Tag mit einem warmen Zitronenwasser beginnen
  • Gemüse
  • saisonales Obst in Maßen
  • Fleisch und Fisch in Maßen (wenn möglich kein Schwein)
  • gute Fette (ja, die gibt es): Olivenöl, Kokosöl, Butter, Ghee
  • bereiten Sie die Speisen selbst und frisch zu
  • ausreichend Wasser trinken
  • und genießen Sie gelegentliche Ausrutscher

Ach ja, und viel lachen!